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Schicht-Wechsel
Intervention mit Wandmalerei / Acrylfarbe, Holzkohle, Leintuch
o.T.-Galerie, Luzern / 1990
Während 3 Tagen und Nächten wurden die Galeriewände bemalt, die Hände am Leintuch gereinigt, das im zweiten Raum aufgehängt war. Dann war Schicht-Wechsel. Die BesucherInnen waren eingeladen aktiv zu werden – sie sollten, durften, konnten Kohle ab- und wegtragen, verändern, zerstören, Neues entstehen lassen. Zur Reinigung diente wiederum das Leintuch.
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Kohle ist Energiequelle und Zündstoff für Ideen
EstHer schmid (1961) macht den Anfang zu einem dreiteiligen Projekt in der Luzerner Galerie o.T. an der Zürichstrasse. Während dreier Tage hat sie die drei Wände des einen Galerieraumes mit Kohle bearbeitet. Am Sonntagabend war „Schicht-Wechsel“: „Die BesucherInnen sollen, dürfen, können seither Kohle abtragen“, das Kunstwerk von EstHer schmid „verändern, zerstören, Neues entstehen lassen“.

Drei Projekte werden in nächster Zeit in der Galerie o.T. während je einer Woche gezeigt werden: die Kunst als Experiment, die Galerie als Berührungsraum. Die junge Künstlerin EstHer schmid leitet diese Projektwochen mit einem gelungenen Unternehmen, das sie „Schicht-Wechsel“ nennt, ein.
Während dreier Tage hat sie den grösseren der beiden Galerieräume mit Kohlestiften bemalt, auf drei Wände eine dynamische Bewegung überfliessen lassen, die sich beinahe körperlich auf uns überträgt. Ihr Werk ist seit Sonntag beendet, am Abend hat der „Schicht-Wechsel“ stattgefunden. Wir, die Betrachtenden haben seither die zweite Schicht übernommen, wir greifen ein in die mit Kohle bemalten Schichten, in die Bilderwelt eines anderen Menschen.

Berühren und berührt werden
EstHer schmid will, dass ihre Arbeit berührt und berührt wird. Über der Tür des Hauptraumes steht „Förderschacht. Die BesucherInnen werden gebeten Kohle abzubauen“, ein Titel, der auf die Symbolik dieses Experimentes hinweist. Kohle wird vom dunklen Erdinnern an das helle Tageslicht gefördert, wird zur Energiequelle. Hier zum Zündstoff für Ideen und Gefühle, die nach aussen dringen wollen.

Grenzübergänge
Grenzen über den Körper zu erleben, die eigenen Grenzen zu achten, die der Mitmenschen zu respektieren, dieses Anliegen drückt die Künstlerin fühlbar aus mit einer dichten Anhäufung von Kohlestrichen, mit denen sie die weissen Wände bearbeitet hat.
Von rechts nach links ist eine anschwellende Bewegung spürbar, Arme, Hüften und Beine dehnen und strecken sich über die Wände, greifen über, müssen innehalten, wenn ihnen Grenzen gesteckt werden. Siebenmal zieht sich eine klare Senkrechte über die Wände, Grenzbalken, welche die übergreifenden Bewegungen bremsen, die geballten Striche und wilden Kritzeleien aus Kohle sanfter, heller werden lassen.
Ein erster Höhepunkt ist in der dunklen Figur erkennbar, die mit ihren prallen Brüsten das Wandbild dominiert. Ein ovales, maskenhaftes Gesicht mit brennendem Blick tritt uns entgegen, die Arme besitzergreifend ausgestreckt, statt Füssen eine sich öffnende Muschel. Drei solche Ballungen, Stellen, an denen die Bewegungen der Kohlestifte eskalieren, sind auszumachen. Rote Farbe verdrängt dort das Schwarz der Kohle, lässt an Angriffe, Grenzübergriffe, an tiefe Verletzungen denken.
Auf der lichtbeschienen Wand gegenüber dem Fenster klingt der aggressive Ton ab, wird feiner, sensibler. „Eine wesentliche Seite, die ich an mir auch akzeptieren muss, die träumerische, verletzliche“, sagt EstHer schmid. Ein zartes Hellblau wird besonders bei den Grenzstellen sichtbar, zu Anfang der sich langsam steigernden Dynamik und zum Schluss, da sich die zeichnerische Bewegung ins Grenzenlose verliert.

Erlaubte Übergriffe
Hier sind Übergriffe erlaubt, das Kunstwerk soll berührt werden, der Kohlestaub in Poren und Handlinien sich verfangen. Im kleinen Raum der Galerie hängt ein weisses Tuch zum Reinigen der Hände. Der Kohlestaub ergibt auf diesem Gewebe ein eigenes Muster, lässt aus unseren Händen ein neues Werk entstehen. „Aufbereitung. Die BesucherInnen werden gebeten, die Hände hier zu reinigen“, steht über der Tür.
EstHer schmid gibt hier die Grenzen vor, weitet sie über das Gewebe hin aus, geht das Wagnis ein, dass bis Ende Woche ihr Werk zerstört, mindestens stark verändert wird, bevor es von den Wänden gewaschen wird, um Platz zu schaffen für eine nächste künstlerische Aktion.
Eva Kramis
Luzerner Neuste Nachrichten / 1990